Zurück am Stellplatz sind wir überrascht, dass heute hier große Anreisewelle ist. Drei weitere Wohnmobile aus Deutschland sind inzwischen angekommen. Mit den Bewohnern von einem hatten wir sogar vorher Kontakt und so tauschen wir fix noch weitere Tipps aus (wir hoffen ihr hattet einen schönen Aufenthalt in Sankt Petersburg!!), bevor wir uns dann weiter auf unsere Tour begeben.
Wir wollen noch ein paar Kilometer heute machen und so fahren wir raus aus der Stadt. Nächstes Etappenziel ist der Bereich zwischen den beiden Seen Ladoga und Onega. Und so geht es ein Stück über den leeren, vierspurigen Autobahnring bis zum Abzweig auf die Landstraße R21 (russisch P21 Kola, früher M18), welche von hier über Petrosavodzk nach Murmansk führt und die wir letztes Jahr gefahren sind. Die ersten 50 Kilometer sind zweispurig ausgebaut und so kommen wir gut voran, auch das einspurige Stück danach lässt sich bis auf einige Baustellenabschnitte auch gut fahren. Lediglich auf der Gegenrichtung staut es sich Kilometerlang. Sonntagsabends besser nicht in eine Großstadt reinfahren, gilt auch für das chronisch verstopfte Moskau, da fahren alle von ihrem Wochenendtrip wieder nach Hause (freitags ist’s andersherum).
Bis zu unserem Etappenziel ist es uns heute Abend zu weit und so beschließen wir unterwegs am nächsten braunen Hinweisschild auf eine touristische Sehenswürdigkeit einfach abzubiegen und dort nach einem Übernachtungsplatz zu gucken. So landen wir im kleinen Örtchen Kobona, welches am Südufer des Ladogasees liegt.
Hier endete die Straße des Lebens (russisch Доро́га жи́зни, Doroga schisni). Über diese Eisstraße wurde im Zweiten Weltkrieg im Winter die eingeschlossene Stadt Leningrad versorgt bzw. evakuiert. Am Ufer des Sees befindet sich eine kleine Ausstellung mit den damaligen Transportfahrzeugen. Auch gibt es ein Museum (rotes Gebäude auf dem Foto), welches heute schon geschlossen hat und morgen leider Ruhetag.
Mitten im Dorf befindet sich die Tourbaza Kobona, vor der wir über Nacht stehen dürfen. Recht malerisch mit dem kleinen Kanal neben uns.
Wikipedia zur Straße des Lebens: https://de.wikipedia.org/wiki/Straße_des_Lebens
Wikipedia zu Kobona: https://ru.wikipedia.org/wiki/Кобона
Über Nacht in Kobona
Montag, 03.06.2019
Über Nacht haben sich auch die letzten Wolken verzogen und wir wachen bei blendendem Sonnenschein auf. Insgesamt wird es momentan gerade eh nicht mehr wirklich dunkel. Es dämmert nur und die Sonne geht schon gegen halb 4 wieder auf.
Foto Kobona Parkplatz
Von Kobona aus fahren wir zu unserem ersten Stopp heute, das Freilichtmuseum Mandrogi. Hier wurde vor zig Jahren mitten im Nichts einige alte Bauernhäuser aus der Region zusammengetragen und inzwischen ein Hotel, welches auch komplette Holzhäuser vermietet, kleine Museen und zahlreichen Souvenirshops angelegt. Vorteil der Lage ist, dass hier alle Kreuzfahrtschiffe, welche über den Fluss Svir vom Ladogasee in den Onegasee und andersherum fahren, vorbeikommen. Und somit legen diese hier einen Zwischenstopp ein und die Touristen können an Land schön sich die Zeit vertreiben und Souvenirs kaufen.
Die Landstraße bis hierhin ist gut ausgebaut, lediglich die letzten zehn Kilometer auf der Zufahrtsstraße sind geschottert. Auf dem Parkplatz finden wir noch eine freie Ecke für uns, wo wir auch hätten übernachten dürfen. Wollen wir zwar gerade nicht, aber vielleicht ist es ja für jemand anderen interessant.
Vom Parkplatz geht es zu Fuß ca. zehn Minuten zu Fuss zum Gelände, auf dem gerade auch recht viel los ist. Vier Kreuzfahrtschiffe liegen gerade vor Anker, unter anderem die Wolga Star (https://www.compass-touristik.de/kreuzfahrten/russland-von-stpetersburg-nach-moskau---10-taegige-flusskreuzfahrt-auf-ms-wolga-star).
Mit einem kleinen Boot geht’s noch rüber zum Skulpturenpark, Mini-Zoo und einer Holzkirche. Letztere stand bis vor kurzem noch weiter im Osten (an der Holzkirchen-Rundtour, wo wir als nächstes hinwollen) und befindet sich momentan noch in Restaurierung.
Alles in allem ist es schon ein wenig kitschig gemacht und natürlich sollen die Touristen möglichst ihre Souvenirs hier kaufen. Dafür lassen sich hier die Handwerkerkünstler auch bei der Arbeit zu schauen und man kann ja auch nur gucken :-)
Webseite: http://mandrogi.ru
Eintritt: keiner (Boot zum Skulpturenpark 200 Rubel)
Fotos Mandrogi Park
Weiter geht es nach Podporoschje, die nächste Kleinstadt am Ufer des Svir. Von hier startet unsere Holzkirchen Rundtour, welche wir in einem kleinen Büchlein entdeckt haben. Die rund 100 km lange Rundtour nennt sich dort „Svirkskoye Oscherelye“ (russisch свирское ожерелье), frei übersetzt die „Halskette vom Svir“.
Buch zum Kauf: http://www.welcomespb.ru/travel-guides/idea/Prionega/ (wir haben es vermutlich irgendwann mal auf der ITB in Berlin bekommen)
Fotos
In Podporoschje müssen wir aber erst einmal auf die andere Seite des Svirs. Dazu führt eine Straße über das große Wasserkraftwerk. Kurz stutzen wir aufgrund der Höhenbeschränkung von 2,8 m. Wir sind offiziell 5 cm höher, wird schon passen. Dazu fährt vor uns ein Bagger, der definitiv höher ausschaut. Auf der Brücke selbst gibt es auch kein Hindernis was diese Höhenbeschränkung notwendig machen würde. Lediglich an der Zufahrt wird zwischen LKW und PKW unterschieden, wobei die PKW-Spur einfach einen rot-weißen Balken oben hat. Möglicherweise ist der auf 2,8m Höhe. Wofür die Unterteilung ist, keine Ahnung.
Wikipedia: https://de.wikipedia.org/wiki/Podporoschje
Wir besuchen insgesamt fünf Holzkirchen unterwegs, die entweder durch die braunen Hinweisschilder ausgeschildert sind oder eh direkt am Straßenrand liegen. Rings um die Kirchen liegen immer ein paar Häuser, ansonsten Natur pur. Einkaufsmöglichkeiten, Tankstelle oder ähnliches gab es nicht (auch kaum Mobilfunknetz). Die Strecke ist zu zwei Drittel geschottert, der sich sehr gut befahren läßt (kein Allrad oder so notwendig).
An den Holzkirchen selbst gibt es Hinweistafeln auf Russisch und Englisch, welche wir auch schon in Kobona bemerkt haben und vom Tourismusportal der Leningrad Region aufgestellt wurden. Gut gemacht!
Tourismusportal der Leningrad Region: http://lentravel.ru/eng/
(auf der russischen Webseite gibt es deutlich mehr Infos als auf der englischen Variante)
Fotos zu unserer Holzkirchen-Tour
An der letzten Holzkirche, einer kleinen gelben auf einem Hügel, übernachten wir. Hier gibt es eine Möglichkeit ans Ufer des Sees runter zu fahren, welche vorher auch schon andere genutzt haben. Rings um eine Feuerstelle sind ausrangierte Fahrzeugsitze gruppiert. Eine Frau kommt mit ihrem Dackel gerade hier entlang und so fragen wir sie, ob es ok ist, wenn wir hier übernachten. Klar, warum nicht. Sie selbst ist hier geboren, wohnt inzwischen aber in Petrosavodzk, und ist zum Familienbesuch gerade da. Leider verstehen wir nicht alles was sie uns erzählt, lediglich dass ihre Großeltern auf dem Friedhof neben der kleinen Kirche begraben sind und das es früher mal zwei Kirchen hier gab.
Unser Übernachtungsplatz
Dienstag, 04.06.2019
Wir haben gut geschlafen und freuen uns über die Sonnenstrahlen. Auf unserer heutigen Route wollen wir über Podporoschja Richtung Onegasee, lassen diesen dann links liegen und wollen in Wytegra nach Wologda abbiegen. Unterwegs liegt noch das Kloster Ferapontow, welches dank seiner Fresken zum Weltkulturerbe gehört. Vielleicht finden wir ja dort in der Nähe einen netten Übernachtungsplatz, so wie wir vor ein paar Jahren am nahegelegenen Kloster in Kirillow übernachtet haben.
Begrüßt werden wir heute früh allerdings erst mal von einer leuchtenden Motorkontrollleuchte. Hmm, kein gutes Zeichen. Gestern ruckelte unser Wohnmobil ja schon ein wenig merkwürdig und hat sich mal verschluckt.
Wir fahren mal vorsichtig los, stellen fest dass die Automatik nicht richtig schaltet, aber manuell geht ja noch und ansonsten geht es irgendwie ganz gut voran. Am Wasserkraftwerk in Podporoschje stellt sich nun die Frage, rechtsherum 280 km zurück nach Sankt Petersburg oder linksherum 500 km nach Wologda. Nachdem wir im Netz feststellen, dass letztere eine Mercedes Werkstatt haben und unsere kurze Recherche als mögliche Ursache unseren Dieselpartikelfilter ausgespuckt hat, entscheiden wir uns einfach mal für diese Richtung. Wird schon werden.
Unterwegs kommen wir unter anderem an der Holzkirche des Heiligen Georgs in Rodionovo vorbei, recht imposant großes Bauwerk, für eine Holzkirche. Laut Hinweistafel sind wir jetzt auf der „Silbernen Halsketten Route“ (gerade erst bei der Fotobearbeitung entdeckt), da werde ich später nochmal gucken wo diese so entlangführt.
Die Strecke von Podporoschje bis Vytegra hat es allerdings in sich, größtenteils geschottert. Und wenn asphaltiert, dann recht löchrig. Und dazwischen auch gerne mal grobe Erde, passend zu den zahlreichen Holztransportern, die hier langsam im Schritttempo vorankriechen. Nur gut, dass es nicht regnet.
Wir wechseln von der Leningrad Region in die Wologda Region, an einer Lukoil-Tankstelle in Wytegra (vorher keine Tankstelle) gibt es sogar ein Plakat mit den touristischen Sehenswürdigkeiten. Wir sind wirklich überrascht über die Beschilderung hier.
Tourismusportal Vologda Region: https://en.vologdatourinfo.ru
Fotos von unterwegs
Die Motorkontrollleuchte hat sich übrigens leider nicht überlegt einfach wieder auszugehen, aber wir rollen ganz gemütlich voran. Nach unserem Tankstopp in Wytegra aus lässt sich die Strecke auch gut fahren und so sind wir irgendwann am Kloster Ferapontow.
Von außen anhand des kleinen Doppelturms am Eingang zu erkennen (das fällt erst auf, wenn man schon mindestens 100 russische Klosteranlagen sich angeguckt hat ;-)). Während Jens mit Vanja sich dieses Merkmal ausgiebig von einer Bank angucken, gehe ich rein. An der Kasse lassen sich verschiedene Tickets buchen, ich nehme einfach das mit „Fresken“. Durch ein anderes Gebäude geht es ins Museum, am Eingang stülpe ich mir blaue Plastiküberzieher über meine Schuhe und werde direkt von einer Ticketabreißerin in Empfang genommen. Als erstes geht es in einen kleinen Raum zu Filmgucken. Meine leichte Abwehr, dass ich das nicht verstehe, gilt nicht, also zehn Minuten Film über die Entstehungsgeschichte des Klosters gucken. Schöne Aufnahmen, nur halt auf Russisch. Beim Verlassen des Raums fragen meine beiden Mitgucker, ob es den Film auch auf Englisch geben würde. Klaro! Ich werde somit prompt eingeladen sitzen zu bleiben und es mir erneut anzugucken. Hier lehne ich dann etwas vehementer ab und folge lieber der kleinen Reisegruppe zu den Fresken.
Am Eingangsbereich dazu bekommt jeder eine laminierte Übersicht mit den verschiedenen Bildern in die Hand gedrückt, sodass man selbst versuchen kann diese oben in der Kirche wiederzufinden. Vor dem Bereich gibt es noch ein paar Erläuterungen zur Restaurierung inklusive diverser Pigmentproben in Schaukästen.
Webseite: http://www.dionisy.com/eng/monastery/
Eintritt: 250 Rubel (Fresken-Rundgang)
Besuch des Klosters Ferapontow
Das Kloster liegt direkt an einem See und dahinter befindet sich auch ein kleiner Parkplatz, der sich für eine Übernachtung bestimmt eignen würde. Wir sind allerdings ein wenig unruhig und fahren lieber noch ein Stück weiter Richtung Wologda.
An der Landstraße sehen wir ein Hinweisschild auf eine Tourbaza und biegen dorthin ab. Mal gucken was das ist. Wir landen beim „Tourist Village Layturi“ in Schanikovo. Hier kann man Hütten in unterschiedlicher Größe mieten, es gibt einen Strand am See (oder war es ein Fluss?), Grillmöglichkeiten und siehe da, auch einen Zeltplatz. Die beiden Mädels an der Rezeption hatten schon mal ein finnisches Wohnmobil da und so ist das hier ganz einfach zu übernachten. Wir dürfen lediglich nicht auf die Zeltwiese, da es da zu nass ist, sondern sollen auf dem Schotterweg bleiben.
Während wir noch kurz zurück ins Dorf zum Einkaufen fahren, wird das Duschhaus für uns auf Vordermann gebracht und auch ein paar Bierbänke für uns bereitgestellt. Letztere brauchen wir nicht, aber die heiße Dusche ist super.
Tourist Village Layturi Schanikovo
GPS: 59.858179, 38.788630
Webseite: http://www.laituri.ru
Preis: 300 Rubel (am Wochenende 500 Rubel) pro Nacht
Stellplatz am Tourist Village Layturi
Mittwoch, 5.06.2019
Nachdem wir bisher meist so Temperaturen um die 15 – 18°C hatten, so macht sich nun unsere Tour gen „Süden“ bemerkbar. Für Wologda sind heute 27°C angesagt. Und so ist’s heut früh auch glatt mal zehn Grad wärmer als gestern. Anders als auch unserer Murmansk-Tour im letzten Jahr wollen wir ja auch ein wenig Sommer hier genießen J
Irgendwie hat sich unsere Motorkontrollleuchte leider nicht von selbst erledigt und so geht’s direkt ab nach Wologda in die Werkstatt. Die Stadt ist überraschend groß und wir müssen einmal quer durch. Der Eingang zu der Werkstatt liegt in einem großen Hinterhof. Merkwürdig, aber gut dass wir zahlreiche LKWs hier parken sehen und dazu sind noch diverse LKW Marken am Gebäude genannt. Das stimmt uns optimistisch, leider nur ca. fünf Minuten. Schnell erfahren wir, dass hier kein Sprinter repariert werden kann, denn hier werden ausschließlich LKWs gewartet. Mist. Nach unserer bisherigen Erfahrung war der Sprinter eher der LKW- als der PKW-Sparte zu zurechnen. Wir bekommen aber einen Tipp wohin wir fahren sollen und das ganze direkt auch auf einen Zettel geschrieben. Super.
Also Kurs auf Kursavto!
Das bedeutet zehn Kilometer einmal wieder quer auf die andere Seite der Stadt. Hier erwartet uns das riesige Shoppingzentrum „Rio-Mall“ und an der Zufahrt dazu tatsächlich in knallorange die Werkstatt von Kursavto. Mit ein wenig Vokabelvorbereitung, Foto von der Motorkontrollleuchte und Google Translator schildern wir unser Problem und natürlich können sie sich das anschauen. Jippieh!
Wie erwartet, zumindest bei uns zu Hause, soll erst der Fehlerspeicher ausgelesen werden und dann schauen wir weiter. Von der Serviceannahme werden wir an die Anmeldung verwiesen und hier heißt es nun unseren deutschen Fahrzeugschein zu entziffern. Zehn Minuten später ist dann der Auftrag zur Kontrolle ausgedruckt, wird von uns unterschrieben und wir sollen ca. eine Stunde warten. Ob es dann los geht oder dann der Fehlerspeicher ausgelesen ist, keine Ahnung, Wir geben unseren Schlüssel ab und machen es uns einfach draußen gemütlich. Passend zum Wetter gibt es hier nicht nur kostenlos Kaffee, Tee oder Wasser, sondern auch Eis im Wartebereich. Super Idee.
Wir bekommen mit, dass unser Wohnmobil zur Halle geholt wird und irgendjemand sich drum kümmert. Sehr gut. Bisher scheint uns alles vergleichbar zu einem Werkstattbesuch zu Haus Nach rund einer Stunde kommt dann unser echt netter Serviceansprechpartner, erklärt uns per Google Translator dass der Dieselpartikelfilter ne Störung hat und schlägt vor, dass sie die manuelle Regeneration machen. Entweder der Fehler ist dann weg oder wir gucken weiter.
Einige Kaffees und Eis später, macht er mit einem Kollegen eine Probefahrt. Schon merkwürdig sein Wohnmobil vom Hof fahren zu sehen ... gehört aber ja irgendwie auch dazu. Fünf Minuten später sind die Zwei wieder da und wir erfahren, dass auch erst mal alles wieder in Ordnung ist. Allerdings keine Garantie wie lange, zu Hause sollten wir auf jeden Fall wieder in die Werkstatt. Das klingt für uns super und wir sind erleichtert.
Dann geht’s noch nach Drinnen zum Bezahlen. Wir bezahlen 3200 Rubel, umgerechnet 42 Euro für die Aktion. Ein fairer Preis.
Alles in allem lief der Werkstatt ganz genauso ab, wie wir es von einer Werkstatt bei uns zu Hause gewohnt sind. Klar war die Sprache eine andere, aber dafür hatten wir ja unsere Übersetzungs-Apps.
Kursavto
GPS: 59.201551, 39.817238
Webseite: http://kursauto.com
MB Vologda (macht keine Sprinter, aber laut Schildern diverse LKW Marken)
GPS: 59.229022, 39.931049
Webseite: https://www.mbvologda.mercedes-benz-partner.ru/ru/desktop/trucks.html
Fotos Kursavto
Wir steigen zurück ins unseren Indy, wollen erst mal nur ein wenig fahren und gucken wie er sich verhält. Und so geht’s zum Freilichtmuseum Semenkovo bei Wologda, an welchem wir heute Vormittag auf dem Hinweg zu Werkstatt vorbeigefahren sind. Fünfzehn Kilometer sind ja eine passable Entfernung. Und siehe da, er fährt wieder super. Jetzt heißt’s Daumen drücken, dass dies noch ein wenig so bleibt. Wir haben da ja noch so einen kleinen tausend Kilometer Schlenker zu Väterchen Frost geplant.
Im Freilichtmuseum Semenkovo sind ungefähr zehn große Bauernhöfe aus der Region ausgestellt. Und es handelt sich tatsächlich um ein Museum ohne Souvenirbuden, wie in Mandrogi. Jedes Haus ist innen eingerichtet und liebevoll mit Details gestaltet. Dazu wartet in jedem Haus eine Dame, welche die Inneneinrichtung erklärt (auf Russisch). Während Jens bei Vanja am Wohnmobil wartet, es ist inzwischen echt heiß, habe ich das Vergnügen von Haus zu Haus „weitergereicht“ zu werden. Irgendwie hat es sich hier fix rumgesprochen, dass die nächste Touristin aus Deutschland kommt und ein wenig Russisch spricht. Alle sind wirklich sehr bemüht, auch wenn ich vielleicht ein Zehntel überhaupt verstehe. Das macht aber nichts. Dazu steht vor jedem Haus ein Hinweisschild mit englischer Erläuterung. Gut gemacht!
Die Ausstellung ist wirklich sehenswert und wer hier mal lang kommen sollte, der Abstecher lohnt sich.
Freilichtmuseum Semenkovo
Lage: ca. 10 km nordwestlich von Wologda, direkt an der A119
GPS: 59.278048, 39.716857
Eintritt: 150 Rubel
Webseite: https://www.semenkovo.ru/en
Unterwegs im Freilichtmuseum Semenkovo
Von hier aus starten wir nun zu unserem Abstecher zum russischen Weihnachtsmann. Über Totma geht es ins 500 Kilometer entfernte Veliki Ustjug. Es geht mehr oder weniger geradeaus, leicht hügelig ist es hier und es gibt wenig Orte unterwegs.
In Totma angekommen, drehen wir mehrere Runden im Ort bis wir dann einen kleinen Parkplatz direkt am Fluss entdecken und uns direkt hinter ein leerstehendes Backsteingebäude stellen, sodass wir nicht sofort von der Straße zu sehen sind. Hinter uns ist die Polizeistation, sodass wir die kurz noch fragen, ob es in Ordnung ist, wenn wir hier über Nacht stehen. Klaro. Und natürlich auch klaro, dass nach und nach immer mal jemand vorbeikommt und uns neugierig beäugt.
GPS Übernachtungsplatz: 59.970426, 42.769411
Wir drehen eine Runde durch den Ort und entdecken dabei ein Hinweisschild, dass Totma zu den „Schönsten Dörfern Russlands“ gehört (russisch "Самые красивые деревни России"). Diese Auszeichnung können Dörfer erhalten, deren Sehens-würdigkeiten zum nationalen Kulturgut gehören, dazu eine lebendige Dorfstruktur und nicht nur Museumscharakter noch haben. Vorbild für diese Initiative ist die französische Association „Les plus beaux villages en France“.
Webseite: http://eng.krasaderevni.ru (englisch)
Das Besondere in Totma sind unter anderem die Kirchen, welche eine in Russland wohl recht einmalige Architektur aufweisen (Totma Barock). Sie sind auf jeden Fall sehr hoch und die Türme stehen sehr eng beieinander. Neben den Kirchen gibt es noch hübsche Holzhäuser, diverse Skulpturen und es ist nett hier durch die Straßen zu schlendern. Dazu scheinen hier gerade diverse Jugendgruppen zum Malkurs zu sein, immer mal wieder sehen wir kleine Grüppchen am Straßenrand sitzen und entweder Kirchen oder Holzhäuser zu malen.
Tourismusportal Totma: http://tourizm-totma.ru
Wikipedia: https://en.wikipedia.org/wiki/Totma (englisch)
Später holen wir uns um die Ecke noch eine Pizza, natürlich mit nem ganzen Bündel Dill belegt und genießen den Abend mit Blick auf den Fluss. Hier steht übrigens noch ein Denkmal für den Dichter Rubzov. Eine Auswahl seiner Gedichte kann wer möchte sich in einem großen Metallbuch durchlesen.
Übernachtung in Totma
Donnerstag, 06.06.2019
Wir haben gut in unserer Ecke hier geschlafen und gucken uns erst mal noch den Glockenturm um die Ecke an. Er ist nicht allzu hoch, was aufgrund einer morgendlichen Temperatur von 25°C ganz angenehm ist. Sowohl am Eingang als auch oben, hängen Hinweisschilder, dass man auf keinen Fall an den Glockenschnüren ziehen darf, die hier oben hängen. So Verbotsschilder können ja schon verlockend sein … aber nein, lieber mal nicht machen.
Aussicht auf Totma vom Glockenturm
Weiter geht es nach Veliki Ustjug. Die Fahrt hat auch heute wieder wenig Abwechslung zu bieten, lediglich die Landstraße ist in einem deutlich schlechteren Zustand.
Rund 60 km vor Veliki Ustjug gibt es an einer Schleife des Flusses Suchona noch das Naturschutzgebiet Opoki, leider ist der dortige Geysir auf der anderen Uferseite. Es gibt auch zwei Tourbazas, allerdings nur mit vorheriger Reservierung. Bestimmt ließe sich darüber auch ein Boot organisieren. Für uns geht’s aber weiter.
In Veliki Ustjug stellt sich zunächst einmal die Frage nach einem passenden Über-nachtungsplatz. Der Ort zieht sich ziemlich lang am Flussufer entlang, hat am Straßen-rand überall Parkstreifen und somit genug Parkraum, aber nicht so richtig passend für uns. Am Ufer selbst ist eine Fußgängerpromenade.
Nachdem wir kreuz und quer durch den Ort gefahren sind, entscheiden wir uns für einen Parkstreifen direkt an der Seite einer zentral gelegenen Kirche und mit Park ringsherum. Nicht ideal, aber ok. Da werden wir doch mal lieber unsere neuen Freunde von der Polizei befragen, ob es für die auch ok ist. Keine Viertelstunde später kommt ein Polizei-wagen in die Straße gefahren, hält an der Ecke und möchte gar nicht zu uns, sondern hat gerade einen anderen Fahrzeuglenker rausgewunken. Und klaro, haben sie nichts dagegen, wenn wir hier übernachten.
Als erstes geht’s nun zum Postamt von Väterchen Frost. Hier lagern fein nach Ländern sortiert hunderte Briefe an den Weihnachtsmann. Dazu gibt es natürlich Postkarten und allerlei Weihnachtsdekoration zu kaufen, letztere brauchen wir natürlich auch für unser Wohnmobil. Nebenan ist dann die Stadtresidenz von Väterchen Frost (er wohnt sonst außerhalb). Hier haben dann wieder mehrere Damen das Vergnügen mich durch die Räume zu führen und alles zu erklären. Am meisten Spaß hat meine Hauptreiseleiterin allerdings daran, Fotos von mir vor allem und jedem zu machen. Oder während ich erklärt bekomme, wie man traditionelle, bunte Schnüre knotet und ja keine Zeit habe Fotos zu machen, einfach selbst die Dekoration im Raum zu fotografieren. Witzig.
Zu Besuch bei Väterchen Frost
Wir schlendern weiter durch den Ort, der ja erst seit zwanzig Jahren die Heimat von Väterchen Frost ist, und somit auch noch zahlreiche Kirchen zu bieten hat. Viele Möglich-keiten draußen zu Essen gibt es leider nicht, wir finden lediglich das Café „Goldener Fisch“, wo wir auch mit Vanja auf der Terrasse sitzen dürfen. Hier gibt es auch einfache warme Gerichte, welche man sich an der Theke auswählt und dann in der Mikrowelle erhitzt werden. Es sieht nicht ganz so attraktiv aus, aber überraschender-weise sind die Pelmeni und vor allem die „Gulaschsuppe“ sehr lecker. Die Portionsgröße ist überschau-bar, unser Set kostete allerdings auch nur 4 Euro zusammen. Wir wollen somit gerne einfach nochmal dasselbe, wobei die Pelmeni nun leider aus sind, auch vom Salat hatten wir wohl die letzte Portion. Dann halt zweimal „Gulaschsuppe“. Das Getränk übrigens, von dem wir schon die ungefährlichste Farbe ausgewählt haben, ist übrigens ungenießbar.
Spaziergang durch Veliki Ustjug
Freitag, 7.06.2019
Auf unserem Übernachtungsplatz am Straßenrand haben wir gut geschlafen, dank der hohen Bäume standen wir übrigens perfekt im Schatten.
Heute Morgen geht es als Erstes nun wirklich zum Weihnachtsmann. Rund zehn Kilometer außerhalb von Veliki Ustjug wurde hier die Erlebniswelt "Votchina Deda Morosa" (russisch "Вотчина Деда Мороза") angelegt, die natürlich für uns zu unserem Besuch hier vor Ort dazugehört.
Für den Besuch des Parks gibt es diverse Eintrittspakete (Preisliste auf russisch http://www.dom-dm.ru/prices). Das teuerste Paket No. 1 kostet 25 Euro, das günstigste Paket No. 4 umgerechnet 8 Euro. Dazu lassen sich online diverse Zusatzoptionen buchen, interessant. Da lieber mal beim Kassenhäuschen gucken gehen.
Vanja und Jens bleiben gemütlich im Wohnmobil und ich bekomme ein Ticket empfohlen, was es online nicht gab. Einmal Märchenpfad und eine Exkursion im Haus des Weihnachtsmanns, umgerechnet 11 Euro. Das klingt gut.
Der Märchenpfad führt, wie ich unterwegs merke, vom Eingangstor bis genau zum Weihnachtsmannhaus. Netterweise bin ich nicht allein mit den Märchengestalten, sondern Oma, Opa und der kleine Neffe sind mit mir unterwegs. Gemeinsam werden wir von Märchengestalt zu Märchengestalt weitergereicht, jede erzählt lustige Geschichten (laut meiner Begleiter-Familie) und wir dürfen glatt noch ein paar Spielchen machen. Tannenzapfenwerfen, den Weg durch ein Labyrinth suchen, usw. Beim Gedichte auf-sagen und Liedchen singen bin ich leider raus. Wirklich nett gemachter Einstieg hier, wobei russische Sprachkenntnisse dabei vorteilhaft sind. Und dank meiner Begleiter habe ich später wieder zig Fotos von mir.
Weiter geht es dann ins Haus des Weihnachtsmanns, wobei wir ca. zehn Minuten bis zur nächsten Führung warten. Die Gelegenheit nutzt mein Begleit-Opa sich abzuseilen, und wir machen zu Dritt den Rundgang. Es geht durch gefühlt zehn verschiedene Zimmer, unter Anderem natürlich dem Schreibzimmer - für Väterchen Frost ganz wichtig, sein Ankleidezimmer, sein Schlafzimmer mit puscheligen Hausschuhen, usw.
Und das Beste kommt wie immer zum Schluss: wir lernen Väterchen Frost kennen!
Mit dunkler Stimme erzählt er uns bestimmt etwas Spannendes. Der kleine Junge sagt ein Gedicht auf oder darf sich etwas wünschen, ich bekomme als Aufgabe dem Weihnachts-mann viele Grüße aus Veliki Ustjug zu bestellen. Wir machen noch etliche Fotos und damit ist der Besuch leider auch schon vorbei.
Wer sich auf den weiten Weg nach Veliki Ustjug macht, sollte hier auf jeden Fall vorbei-fahren. Klar ist es kitschig und vermutlich eher auf eine jüngere Zielgruppe ausgelegt, aber wenn man schon Väterchen Frost im Sommer besucht, ist das ja irgendwie nebensächlich :-)
Webseite Erlebnispark: http://www.dom-dm.ru
Webseite Hotel: http://en.votchina-dm.ru
Besuch der Votchina Deda Morosa in Veliki Ustjug
Und damit haben wir nun unser diesjähriges Hauptziel unserer Russland Reise 2019 geschafft: Einmal mit dem Wohnmobil nach Veliki Ustjug zu Väterchen Frost fahren.
2200 abwechslungsreiche Kilometer, acht Übernachtungen unterwegs und ein Werkstatt-aufenthalt liegen hinter uns. Läuft alles super! Und dazu haben wir wieder einmal sehr positive Erfahrungen mit den Menschen vor Ort gemacht.
Mit ♥ für euch geschrieben