Seilbahnfahren in Kutaisi und Chiatura

Montag, 3.10.2016

 

Die Nacht war nicht allzu lange, wir sind viel zu neugierig wie es denn nun hier im Hellen so ausschaut. Überrascht sind wir von der Aussicht die sich von unserem Balkon bietet. Linker Hand schimmern im Dunst schneebedeckte Berge, die uns daran erinnern dass Georgien sowohl im Norden als auch im Süden von den Bergketten des Kaukasus eingerahmt ist. Dank der erhöhten Lage unseres Hotels können wir auf der anderen Seite über Teile der Stadt schauen und sogar die hellblauen Dächer der Türme der Bagrati-Kathedrale schimmern im Hintergrund. Der Balkon in Zimmer Nr. 8 ist eindeutig jetzt schon mal das Highlight des Zimmers.

 

Das Rundbett hingegen weist doch einige pieksende Federn auf. Meine Befürchtungen, dass wir morgens überall blaue Flecken haben und gepunktet wie Dalmatiner aussehen, haben sich allerdings nicht bestätigt.

 

Frühstück gibt es unten im Keller. Hier gibt es einen kleinen Frühstücksraum mit drei Tischen, welche bereits gedeckt sind. Es gibt wahlweise Kaffee oder Tee, dazu Fladenbrot oder süße Teigtaschen, geschnittene Tomaten und Gurkenscheiben, georgischen Käse und einen Teller Obst. Frisch zubereitet  bekommen wir noch Omelett und Würstchen. Für uns mehr als ausreichend und das Ganze für umgerechnet 4 Euro pro Person.

 

Fotos Hotel Edemi 

 

Gut gestärkt machen wir uns auf den Weg die Stadt zu erkunden. Erstes Ziel ein Geldautomat, wie erwartet ohne Schwierigkeiten. Zweites Ziel Geocell, ein georgischer Mobilfunkanbieter. Ebenfalls ohne Schwierigkeiten bekommen wir hier SIM-Karten (Verkäuferin sprach fließend Englisch). Für 4 GB Datenvolumen bezahlen wir 4 Euro, also quasi ein Frühstück in Hotel Edemi. Auf dem Weg zu Geocell kommen wir an der Touristeninformation vorbei, hier bekommen wir ebenfalls auf Englisch einen Stadplan und auf Nachfrage einige Informationsbroschüren über die Stadt und georgisches Essen. Somit sind wir gut ausgestattet und es war auch nicht wirklich schwierig, eher überhaupt nicht schwierig.

 

Im zentralen Park setzen wir uns in das Café und lassen erst einmal die Umgebung und unsere ersten Erkundungen hier auf uns wirken. Hier bekomme ich auch meinen ersten Schnellkurs georgisch. Die Kellnerin spricht ein wenig deutsch und so lerne ich direkt die Zahlen von eins bis zehn. Na ja, lernen ist vielleicht ein wenig übertrieben. Anscheinend klingt meine versuchte Aussprache schon sehr anders und besonders die Zwischenlaute ausgesprochen witzig. Zwei weitere Kellnerinnen kommen dazu und wir amüsieren uns gemeinsam über die unterschiedlichen Aussprachen der beiden Sprachen.

 

Hier mal zum Üben ein Auszug des Sprachführers Georgisch von Wikitravel (Achtung: es handelt sich dabei um die englische Aussprache d.h. ee = i):

  • 1 > ერთი > ehr-tee
  • 2 > ორი > oh-ree
  • 3 > სამი > sah-mee
  • 4 > ოთხი > oht-khee
  • 5 > ხუთი > khoo-tee
  • 6 > ექვსი > ehk-vsee
  • 7 > შვიდი > shvee-dee
  • 8 > რვა > rvah
  • 9 > ცხრა > tskhrah
  • 10 > ათი > ah-tee

Unser erstes Touri-Ziel des Tages ist auf der anderen Flussseite auf einem Hügel gelegene Bagrati-Kathedrale. Die Kirche wurde Anfang des 11. Jahrhundert erbaut, im Laufe der Jahrhunderte allerdings zerstört. Die originalgetreue Rekonstruktion wurde erst 2012 fertiggestellt und wurde seitens der UNESCO als Weltkulturerbe eingestuft.

 

Auf dem Nachbarhügel befindet sich die kleine Sankt Giorgi Kirche. Von dort aus hat man übrigens einen hübschen Ausblick auf die Bagrati-Kathedrale.

 

Bagrati-Kathedrale und Sankt Giorgi Kirche in Kutaisi

 

Von hier oben geht es dann entspannt über Kopfstein gepflasterte Gassen wieder bergab und wir erkunden den Ort, der durch den weißlich trüben Rioni-Fluss in zwei Hälften geteilt wird. Große weiße Felsen sind im Wasser zu sehen, da der Wasserstand momentan relativ niedrig ist. Beiderseits der Fussgängerbrücke „White Bridge“ gibt es kleine Restaurants von denen man über den Fluss blicken und im Gardenija auch lecker Mittagessen kann.

 

Mit einer kleinen Seilbahn geht es dann hoch auf den nächsten Stadthügel (0,20 Euro pro Fahrt). Auf diesem liegt ein kleiner Freizeitpark (laut unseren Hotelbesitzer „Mini-Disneyland“), welcher uns doch sehr an vergleichbare Ausflugsziele in Russland erinnert. An einer zentralen Kasse kauft man sich ein Ticket für das Fahrgeschäft und kurz drauf drehen wir eine Runde mit dem kleinen Riesenrad. Herrlich!

 

Fotos Erkundungstour in Kutaisi

 

So viel zu unserem ersten Stadtrundgang in Kutaisi. Alles in allem ist der Ort deutlich kleiner als erwartet und die restaurierte Altstadt hübsch anzuschauen. Unsere Nahversorgung mit Landeswährung (die übrigens Lari und Tetri heißen), SIM Karten und Infomaterial hat gut geklappt. Die Kommunikation läuft meist auf Russisch oder Englisch, wobei wir meist als erstes auf Russisch angesprochen wurden. Der Straßenverkehr ist wuselig und hier wird definitiv nicht an Zebrastreifen gehalten, noch nicht einmal wenn diese mit auf des Asphalt gemalten Blümchen verziert sind. Gegessen haben wir zweimal sehr lecker, wobei die Wartezeit tatsächlich bei beiden Lokalen etwas lang war. Die Speisekarten waren jeweils dreisprachig: Georgisch, Russisch und Englisch.

 

Uns gefällt es auf jeden Fall!

 

Liebe Grüße

JuJ


Ausflug nach Chiatura

Dienstag, 4.10.2016

 

Sonnenstrahlen wecken uns und machen Freude auf den bevorstehenden Tag. Beim Kaffee auf unserem Balkon überlegen wir, was wir heute so machen. Eigentlich würde sich hier ja eine Runde Gammeln anbieten, aber dafür sind wir ja viel zu neugierig das Land zu sehen. Vorab hatten wir uns über die Attraktionen in und um Kutaisi informiert und so haben wir zwei verschiedene Tagesausflüge zur Auswahl. Entweder schauen wir uns das zweite UNESCO-Kulturerbe des Ortes, das ca. 10 km entfernte Gelati-Kloster, an oder fahren in das rund 70 km entfernte Chiatura, um den dortigen Seilbahnen mit ganz persönlichen Charme einen Besuch abzustatten.

 

Wir entscheiden uns für letzteres und testen dafür gleich mal das öffentliche Bussystem hier. Entscheidend für die Wahl ist unsere Theorie, dass der Ausflug nach Chiatura vielleicht nicht unbedingt am Vortag unserer Abreise sein sollte – man weiß ja nie ob wir nicht dort stranden. Also lieber heute weiter wegfahren und am Samstag dann die nahegelegenen Attraktionen besuchen.

Angeblich gibt es nach Chiatura eine Marschrutka, das sind kleinere Minibusse, welche hier vermutlich fast jeden Ort im Umkreis miteinander verbinden. Diese fährt, ebenfalls wieder angeblich stündlich, vom zentralen Busbahnhof der rund 5 km von der Altstadt liegt ab. Auf geht’s.

 

Einen kleinen Schreckmoment erleben wir dann direkt beim Verlassen unseres Hotels. Beim Ausweichen vor einem Schlagloch und direktem Stolpern ins nächste knickt Jens ordentlich um. Puuh, das tat weh. Und zeigt dass die Straßen hier nicht ganz so eben sind sondern insbesondere die Seitenstraßen doch etwas löchrig.

 

Die Strecke bis zum Busbahnhof legen wir somit mal lieber nicht zu Fuss zurück, sondern nehmen dorthin von dem nahegelegenen „kleinen Busbahnhof“ an der Roten Brücke eine Marschrutka. Welche Busse alle rüber auf die andere Seite der Stadt fahren, haben wir nicht rausgefunden, denn die zuerst befragte Linie 1 nimmt uns direkt mit (0,20 Euro pro Fahrt).

 

Und dann sind wir auch schon im trubeligen Leben rings um den „großen Busbahnhof“ und den dahinter gelegenen Hauptbahnhof. Hier reiht sich ein Geschäft an das andere. Davor ist ein Marktstand neben dem anderen aufgebaut. Wir schlendern langsam, richtig gut laufen lässt es sich für Jens gerade nicht, durch die kleinen Gassen und kommen von einer Fachabteilung des Markts in die nächste. Erst Gemüse und Obst, dann Kleidung und auf der Rückseite des Busbahnhofs ist dann die Baumarkt-Abteilung. Dort fährt ebenfalls auch der Bus nach Chiatura ab. Wir haben noch gut eine Dreiviertelstunde Zeit, statten dem nahegelegenen McDonalds einen kurzen Besuch ab (gut, dass die Toilettenanlagen des Unternehmens überall gleich ausschauen) und bestaunen das Gewusel. Irgendwie hatte ich mir eigentlich die Straßen in der Umgebung unseres Hotels so vorgestellt, aber so haben wir es ja auch gefunden.

 

Für die Fahrt nach Chiatura kaufen wir für umgerechnet 2,30 Euro an einem der Tickethäuschen einen Fahrschein und setzen uns schon mal in unsere Marschrutka. Wie vorab gelesen ist es sinnvoll sich schon mal einen Sitzplatz zu sichern (z. B. mit seinen Einkäufen oder bei uns einfach einen Pulli), denn wenn der Bus voll ist geht es los.

 

Marktbesuch am zentralen Busbahnhof & Bahnhof Kutaisi 2

 

Die Stadt ist schnell verlassen und dann geht es ziemlich lange geradeaus. Die Schnellstraße ist gut ausgebaut und so geht es zügig voran. Die Landschaft ist hügelig, Felder säumen die Landstraße und im Hintergrund sind höhere Berge zu sehen. In Sestafoni (Zestaponi) biegen wir von der Landstraße S1 ab. Ab dort wird es schmaler und kurviger. Hier kommt auch mehrfach die Zusatzhupe unserer Marschrutka zum Einsatz um Kühe von der Fahrbahn zu verscheuchen.

 

Fahrtroute von Kutaisi nach Chiatura

Fotos von unterwegs

Insgesamt brauchen wir rund 1,5 Stunden mit dem Bus nach Chiatura. Dort angekommen steigen nach und nach Mitreisende aus und auch wieder ein. Irgendwie hatten wir damit gerechnet, dass wir an einem zentralen Platz des Ortes halten. Leider ist dies nicht der Fall und bis wir mit unseren Mitfahrern geklärt haben wann und wo wir aussteigen sollten, sind wir bestimmt schon 10 km außerhalb. Wer sich für etwas heruntergekommene, rostige Lagerhallen interessiert, dem ist der Strecke trotzdem empfohlen. Wir hingegen sind einfach zu weit gefahren, wechseln die Straßenseite und halten den nächsten Bus in die andere Richtung an. Jetzt wissen wir ja wo wir aussteigen wollen.

 

Die Seilbahnen verteilen sich über die Stadt und da Jens besser nicht laufen sollte, erkunde ich diese alleine. Ein wenig rostig sehen die Gondeln ja schon aus, schöner Vintage Charme. An der ersten kleineren blauen Seilbahn ist gerade nichts los und die Dame an der Bodenstation bittet mich freundlich einzusteigen. Ab also in die ein wenig trostlose aber saubere Stahlkapsel und die Tür fällt ins Schloss. Hmm ... von innen lässt sich die Tür auch nicht öffnen. Tief durchatmen und Gedanken sammeln. Eigentlich ja ganz sinnvoll, nicht dass irgendwer unterwegs auf die Idee unterwegs aussteigt. Ein wenig beklemmendes Gefühl ist es trotzdem.

 

Die Fahrt dauert vermutlich nur ein paar Minuten, wenn überhaupt. Oben angekommen wird die Tür erleichternderweise von außen geöffnet. Der Ausblick von hier oben ist toll, einmal über das gesamte Tal. Ansonsten wird hier oben gerade der Aussichtsplatz neu angelegt, demnächst stehen hier bestimmt wieder ein paar Sitzbänke. Große Kipplader kommen hier vorgefahren, lassen sich wiegen und fahren dann an den Rand des Platzes. Ihre Ladung stammt aus einem hier oben gelegenen Steinbruch und wird mit einer Transportseilbahn auf der anderen Seite bergab transportiert.

 

Unten wieder angekommen nehme ich als Nächstes die direkt nebenan liegende möglicherweise mal beige-farbene Seilbahn, welche auf die andere Flussseite hinüber führt. Die Gondel ist deutlich größer und wird von einer mitfahrenden Seilbahnführerin bedient. Wir sind insgesamt zu sechst in der Kabine und ich werde neugierig angeguckt. Nach der Hälfte der Strecke kommt dann auch prompt die Frage, wo ich herkomme. Großes Erstaunen über das weitentfernte „Germania“. Die Aussicht auf der Fahrt ist übrigens deutlich besser, im Vergleich zur blauen Gondel. Dort gab es nur Gucklöcher mit Lochblech davor, hier stehe ich dafür an einem geöffneten Fenster. In Bezug auf den Ausblick ist diese Gondel somit Tipp Nr. 1. Der Anblick des maroden Hochhauses an der Bergstation hingegen zeigt dann allerdings wie vermutlich die Wohnsituation der meisten Menschen hier ist. Und nein, es ist nicht unbewohnt.

 

Seilbahnfahren in Chiatura

Zurück im Ort machen Jens und ich uns dann auf die Suche der Abfahrtsstelle unsere Marschrutka für die Heimfahrt. Wir hatten gelesen dass die letzte um 16 Uhr fährt, angeblich. Und so fragen wir uns von einer Busansammlung zur nächsten. Alle sind wieder einmal sehr freundlich und wollen uns helfen. Als wir das dritte Mal zu hören bekommen, dass es nur wenige Minuten die Straße entlang sind und um die 300 m, sind wir uns dann doch nicht mehr so ganz sicher ob das nicht vielleicht nicht die Standardantwort an verwirrte Touristen ist. War es aber dann doch nicht. Am Ortseingang ist tatsächlich ein Busbahnhof. Die Marschrutka steht schon abfahrtsbereit da, wir kaufen schnell ein Ticket am Schalter und schon geht’s wieder zurück.

 

Fotos vom Heimweg nach Kutaisi

Zurück im Ort schlendern wir noch ein wenig durch die Gassen und holen unser irgendwie ausgefallenes Mittagsessen im Restaurant Prague als Abendessen nach. Der Biergarten liegt in einer Seitenstraße und sitzen lässt es sich hier ganz schön. Das Essen hingegen ist nicht wirklich spannend, zunächst dauert es eine halbe Ewigkeit (womit wir ja schon gerechnet haben, richtig hungrig sollte man hier im Ort nicht essen gehen) aber zudem schmeckte es auch einfach langweilig. Insofern nicht wirklich empfehlenswert.

 

Straßenhunde gibt es hier übrigens ziemlich viele. Die meisten sind recht distanziert und halten Abstand. Lediglich diese hübsche Dame ist doch recht offensiv dabei nach Essen zu betteln. Registriert sind übrigens fast alle, gut zu erkennen an der Marke im Ohr.

 

 

Fazit zu unserem Tag

Das Finden des Busbahnhofs und der richtigen Marschrutka hat ohne Schwierigkeiten geklappt. Die Fahrt selbst verlief ebenfalls problemlos und ging schneller rum als gedacht, dafür gab es genügend Eindrücke beim Blick aus dem Fenster. Die Seilbahnen in Chiatura haben schon wirklich ihren Charme. Da würde ich glatt gerne mal eine Zeitreise in die 1950er Jahre machen, als diese neu eröffnet waren. Insgesamt hatten wir leider einfach zu wenig Zeit. Es hätte noch deutlich mehr Seilbahnen zum Ausprobieren gegeben. Aber wer weiß, vielleicht kommen wir ja irgendwann noch einmal wieder. Für unsere Reise mit dem Womo nach Georgien steht Chiatura auf jeden Fall schon mal auf der Liste.

 



Mit ♥ für euch geschrieben